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Ableitbedingungen für Schornsteine ab 01. Januar 2022 – ausführlich erklärt

    Ab dem 01.01.2022 gibt es neue Ableitbedingungen für Schornsteine. Was sie genau aussagen und was von nun an wichtig ist, schauen wir uns in diesem Artikel genauer an.

    Grundlagen Ableitbedingungen Schornstein

    Die Grundlagen für die neuen Ableitbedingungen sind in §19 der Bundesemissionsschutzverordnung, sowie das VDI-Blatt 3781 festgelegt. Letzteres wird auch als „Rote-Linien-Modell“ bezeichnet.

    Ziel dieser neuen Ableitbedingungen soll es sein, Feinstaubemissionen auf das Minimum zu reduzieren.

    Außerdem sieht die neue Verordnung vor, dass Nachbarschaftsstreitigkeiten vermieden werden sollen, die womöglich durch installierte Feuerstätten ausgelöst werden könnten.

    Bestandsschutz

    Für alle Feuerstätten, die bis zum 31.12.2021 errichtet wurden, gibt es nach wie vor einen Bestandsschutz. Das gilt übrigens auch dann, wenn er Schornstein vielleicht nicht die gewünschten Anforderungen erfüllt, wohl aber die Feuerstätte. Dann muss lediglich der Kamin getauscht werden und er kann nach wie vor mit der vorhandenen Abgasanlage betrieben werden.

    Das ist eine wichtige Nachricht. Diejenigen, die also bereits einen Kaminofen daheim haben, der an einen Schornstein angeschlossen ist, können ihn so behalten, wie er jetzt ist.

    Wenn Sie allerdings planen, eine zweite Feuerstätte an Ihrem Schornstein anzuschließen, dann wird das nicht mehr so einfach funktionieren, wie bisher. Seit Anfang 2022 gibt es nämlich zusätzliche Bedingungen.

    Partikelabscheider oder Abgasfilter sind Möglichkeiten, welche die Feinstaubwerte zwar erwiesenermaßen reduzieren können. Dennoch ändert sich durch das Vorhandensein nichts an der neuen Regelung. Auch, wenn Sie Partikelabscheider oder Abgasfilter installiert haben, müssen Sie sich also an die neuen Ableitbedingungen halten.

    Das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass sich immer weniger Menschen für die Anbringung von Partikelabscheidern entscheiden, da die Anbringung keinen großen Vorteil mehr verspricht.

    Um zu verstehen, was in den neuen Ableitbedingungen steht, ist es hilfreich, einen Vergleich mit den Alten zu ziehen.

    Die neuen Ableitbedingungen für Schornsteine

    Wenn wir uns die neuen Ableitbedingungen anschauen wollen, dann müssen wir zunächst verschiedene Situationen voneinander unterscheiden. Das kommt ganz darauf an, welche Dachkonstruktion vorliegt. Schauen wir uns daher zwei mögliche Fälle an, die weit verbreitet sind.

    Fall 1: Satteldach mit Dachneigung von 45 Grad

    Die meisten Satteldächer in Deutschland haben eine Dachneigung, die etwa 45 Grad beträgt. Das ist die Dachkonstruktion, die am häufigsten verbreitet ist. Vor dem 01.01.2022 war es noch so, dass der Schornstein entweder 40 cm über dem First herausragen musste oder, alternativ, einen horizontalen Abstand von der Mündung zur Dachfläche von 2,3 m aufweisen musste.

    Nun hat sich das Ganze allerdings geändert. Die neuen Ableitbedingungen sehen Folgendes vor:

    Der Abstand vom Dachfirst zum Schornstein muss kleiner sein als der Abstand vom Schornstein zur Hauskante. Gleichzeitig muss jedoch die Höhe des Schornsteins über dem Dachfirst größer sein als der Abstand vom Dachfirst zum Schornstein.

    Diesen Zusammenhang haben wir Ihnen in einem Youtube-Video noch einmal zeichnerisch verdeutlicht. Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, dann liegt eine sogenannte „firstnahe Bauweise“ vor.

    Fall 2: Flachdach oder Satteldach mit kleiner Dachneigung

    Im nächsten Fall schauen wir uns ein Flachdach bzw. ein Satteldach mit kleiner Dachneigung an.

    Hier kommt die erste Besonderheit ins Spiel, denn alle Dächer werden auf eine Dachneigung von 20 Grad abgestellt. Das bedeutet, dass grundsätzlich auch bei Dächern, die einen Neigungswinkel von 12 Grad aufweisen, immer mit einem Neigungswinkel von 20 Grad gerechnet werden muss. Auch bei Flachdächern wird also ein imaginäre Dachwinkel von 20 Grad angenommen.

    Auch hier gilt wieder die neue Ableitbedingung, wie wir sie in Fall 1 schon kennengelernt haben. Das bedeutet, dass der Abstand vom Dachfirst zum Schornstein kleiner sein muss, als der Abstand vom Schornstein zur Hauskante. Zudem muss auch die Höhe des Schornsteins über dem Dachfirst größer sein als der Abstand vom Dachfirst zum Schornstein.

    Übrigens:
    Bei dieser neuen Ableitbedingung wird immer ein ebener Untergrund unterstellt. Mögliche Hanglagen oder Schräglagen werden hier also nicht berücksichtigt.

    Paragraph 22 der Bundesemissionsschutzverordnung

    Paragraph 22 der Bundesemissionsschutzverordnung gibt uns jedoch vereinzelt die Möglichkeit, einen Antrag auf Ausnahmefälle zu stellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Ausnahmefall jedoch bewilligt wird, ist sehr gering.

    Bisher lag es sinngemäß an einer technischen Anforderung, die erfüllt sein musste, damit Ausnahmefälle bewilligt werden konnten. Nun liegt allerdings eine gesundheitliche Anforderung vor, die erfüllt sein muss.

    Das regelt dann nicht mehr der Schornsteinfeger, sondern das Bauordnungsamt, also die übergeordnete Behörde.

    Unsere Meinung zu den neuen Ableitbedingungen

    Wir möchten anmerken, dass aus den neuen Ableitbedingungen auch eine Menge Probleme resultieren. Es kommen nicht nur konstruktionstechnisch neue Anforderungen und Schwierigkeiten hinzu, sondern sie sind auch nicht wirklich zielführend.

    Zum einen lässt sich Feinstaub nie gänzlich vermeiden, was nicht zuletzt auch am ständigen Straßenverkehr liegt. Wir können also davon ausgehen, dass dieses Ziel nie ganz erreicht wird. Auch den Punkt mit den Nachbarschaftsstreitigkeiten finden wir an der Stelle unpassend, denn Nachbarn können sich auch genauso gut über andere Dinge streiten, etwa über ein Stückchen Laub, das über den Zaun geflogen ist.

    Es gibt also keinen direkten Zusammenhang zwischen Nachbarschaftsstreitigkeiten und dem Vorhandensein einer Feuerstätte.

    Das Problem mit der neuen Regelung ist, dass sie nicht so einfach umzusetzen ist. Hieraus ergeben sich nämlich eine Menge bau- und platztechnische Schwierigkeiten. Bei vielen Häusern gibt es schlichtweg nicht die Möglichkeit, den Schornstein so zu bauen, damit die neuen Anforderungen erfüllt werden. Eine Anbringung wäre hier also mit hohen Kosten und mit einem hohen Aufwand verbunden.

    Dennoch gibt es Lösungen. Zum einen kann der Schornstein versetzt angebracht werden. Er würde dann praktisch an der Wand entlanglaufen und dort positioniert werden, wo die Anforderung wieder erfüllt wäre. Eine andere Variante wäre, dass der Schornstein auf dem Dach entlang versetzt wird, bis auch hier wieder die Anforderungen erfüllt sind.

    Das wäre technisch zwar umsetzbar, würde aber optisch nicht sonderlich gut aussehen. Somit schließen die neuen Ableitbedingungen ziemlich viele Baumöglichkeiten aus, die in vergangenen Jahren noch umsetzbar gewesen wären.

    Wir danken ihnen fürs Durchlesen und werden Sie weiterhin auf dem Laufenden halten.

    03. März 2022 Ergänzung: Bestandsschutz bei den Ableitbedingungen für den Schornstein: Die Ausnahmeregelung

    Wir haben immer wieder Fragen zu den Ausnahmeregelungen bei den Ableitbedingungen für den Schornstein, darum haben wir uns entschieden, zu diesem Thema ein Video zu erstellen. Kurz gesagt, die Ausnahmeregelungen sind in der Verordnung sehr genau geregelt.

    Wissenswert:
    Die letzte Aktualisierung der BImSch fand am 2/2021 statt. Das Bundesgesetzblatt 4676 gilt nur für Neubauten (Feuerstätte/Abgasanlage). Die Rechtsgültigkeit beginnt am 01.01.2022. Alle Feuerstätten und Abgasanlagen, die vorher errichtet und verwendet wurden, sind von dieser Verordnung nicht betroffen. Sie fallen praktisch unter Bestandsschutz. 

    Ableitbedingungen für den Schornstein: die Auslegung

    1. § 19 Abs. 2 ist eher schwer zu lesen, weil der Inhalt nicht als Ausnahme, sondern als Anforderung formatiert ist. 

    „Alle Schornsteine und Feuerstätten, die vor dem 01.01.2022 gebaut und in Betrieb genommen oder wesentlich geändert wurden…“

    Anforderungen

    1. Bei Dachwohnungen einschließlich 20 Grad, die den First um vierzig Zentimeter überragen oder von der Dachfläche mindestens einem Meter entfernt sind.  Das kann bauchtechnisch und optisch in der Regel problemlos umgesetzt werden.
    2. Von mehr als 20 Grad den First um mehr als vierzig Grad überragen oder horizontalen abständen der Dachfläche von mindestens 2,30 m haben. –> Das ist die alte Anforderung der BimSch vor der Novellierung. Das heißt konkret, der Schornstein muss 40 cm über der Frist sein und der horizontale Abstand muss eingehalten werden.
    1. Bei Feuerungsanlagen mit einer Gesamtwärmeleistung bis 50 kW in einem Umkreis von 50 m die Oberkante von Lüftungsöffnungen, Fenstern und Türen, um mindestens 1 m überragen. Der Umkreis vergrößert sich um 2 m je weitere angefangenen 50 kW bis auf höchstens 40 m. 
    • Der Inhalt ist identisch mit der alten Fassung der BimSch.

    Satz 1: Für den Austausch der Feuerstätten gelten entsprechende Übergangsvorschriften. Die Paragrafen 25 und 26 bleiben davon unberührt. Das sind die Übergangsvorschriften der novellierten BimSch vom 01.01.2020. Die Paragrafen beziehen sich nur auf Feuerungsanlagen für flüssige oder gasförmige Brennstoffe, die vor dem 01.01.2022 errichtet und in Betrieb genommen wurden und ab 01.01.2022 durch eine Feuerungsanlage für feste Brennstoffe ersetzt wurden. 

    Fazit

    Die neue Verordnung gilt praktisch nur für komplette Neubauten.

    Robby Stude
    Robby Stude

    Ich bin Robby Stude, Autor und Herausgeber von Kaminofen-berater.de Meine Karriere begann ich ursprünglich in der Immobilienbranche. Dann ich durch die Firma meines Vaters zur Ofen- und Kaminbranche. Über die Jahre habe ich mir jede Menge Know-How rund um Feuerungstechnik angesammelt, das ich hier gerne mit allen Kaminofeninteressenten teilen möchte. Alle Artikel